Eigentlich wollte ich einen Ausflug in den Glacier National Park machen und war ganz enttäuscht, als ich erfuhr, dass die Straßen wegen eines Schneesturms gesperrt seien. Mein Trostpreis sollte ein Besuch der NATIONAL BISON RANGE sein. Meine Euphorie hielt sich in Grenzen; bis ich die ersten hundert Meter durch den Park fuhr und sich ein Panorama aus sanften Hügeln und den Gipfeln der Rocky Mountains vor mir ausbreitete.

Es ist stockdunkel. George, den ich im Amtrak-Zug von Boston nach Whitefish getroffen habe, steht neben mir. Es ist drei Uhr morgens. Wir stehen in einem kleinen Ort mitten in Montana, in dem wir mit sechs Stunden Verspätung angekommen sind, was meine Zugzeit auf insgesamt 66 Stunden summiert. Ich bin einfach froh, dass ich mal an der frischen Luft stehen kann. “Wenn dein Hotelshuttle dich nicht in zehn Minuten abholt, bringen mein Kumpel und ich dich rum”, ich bin ganz gerührt, wie er sich um mich kümmert. Keine zwei Minuten später rumpelt der kleine weiße Van die Auffahrt hinauf. Auf seiner Seite prangt das Logo der GROUSE MOUNTAIN LODGE. Wieder bin ich gerührt, dass offenbar jemand den aktuellen Standort des Zuges gecheckt und sich bei Ankunft direkt auf den Weg gemacht hat. Im Hotel angekommen, falle ich in meinem riesigen Doppelbett direkt in den Tiefschlaf. Das fühlt sich doch besser an als die Sitze im Zug.

Voller Tatendrang, ausgestattet mit sämtlichem Outdoor-Pipapo hüpfe ich morgens an die Rezeption, um eine Tour in den Glacier National Park zu buchen. “Es tut mir wirklich sehr leid, aber die Touren wurden bereits heute für dieses Jahr eingestellt, es hat schon zu viel geschneit”. Ohweia, der Glacier National Park war der Grund, weswegen ich mich ein paar Tage in dieses Kaff verirrt hatte. Ich muss mich erstmal sammeln und recherchiere Alternativen.

Der Flathead Lake ist bestimmt toll, Wasser mag ich immer und neben dran liegt die National Bison Range, dann wird das eben mein Trostpreis.

Ein Nationalpark für Bisons

Ich leihe mir einen Wagen, drehe den Country-Musik-Sender auf volle Lautstärke und düse gen Süden. Die National Bison Range liegt südlich des Flathead Lake, so dass ich mir das westliche Ufer für die Hinfahrt und das Ost-Ufer für die Rückfahrt vornehme. Nur gut, dass ich oft alleine auf den breiten amerikanischen Straßen fahre, denn ich bin sehr langsam unterwegs. Zu schön sind die Herbstwälder, die direkt am Ufer des Sees liegen und nur durch den Highway, auf dem ich gerade tuckere, vom Wasser getrennt werden.

Montana USA

Ähnliches passiert übrigens ein Jahr später, als ich mit Tini zusammen während eines Roadtrips durch Montana, Wyoming und Colorado ein weiteres Mal die National Bison Range besuche. Wir kommen schon vor Ankunft nicht aus dem Staunen heraus.

Flathead Lake Montana

National Bison Range Montana USA

Gleich hinter dem Tor, kurz nachdem unser Auto über das Viehgitter gerüttelt wird, liegt das Visitor Centre. Hier erhalten wir eine Landkarte des Parks und erste Informationen.  

Im Jahre 1890 waren nahezu alle amerikanischen Bisons ausgerottet. Heutzutage gibt es wieder ungefähr 250.000 Bisons in privatem Besitz oder Parks wie diesem. Die National Bison Range ist ein Schutzgebiet für amerikanische Bisons. Es ist eines der ältesten staatlichen Wildschutzgebiete der USA und wurde bereits im Jahre 1908 gegründet. 350-500 Bisons stromern durch den Park.

Zwei Scenic Roads führen durch die National Bison Range. Der längere und steilere Red Sleep Mountain Drive ist von Mitte Mai bis in den frühen Oktober hinein (je nach Schneefall) befahrbar. Er ist knapp 37 Kilometer lang. Der Ranger am Visitor Center empfiehlt uns, für die Strecke ungefähr zwei Stunden Zeit einzurechnen. Es gibt viel zu sehen. Neben Bisons gibt es hier Koyoten, Schwarzbären, Elche, Hirsche, Schafe und Kleintiere wie Streifenhörnchen.

National Bison Range Montana USA

Wir hüpfen ins Auto uns fahren den Wegweisern zum Red Sleep Mountain Drive entlang. Anders als bei meinem letzten Besuch, bei dem es klirrend kalt war, ist es heute spätsommerlich warm. Wir haben die Fenster bis zum Anschlag runter gedreht. Von rechts hören wir auf einmal Wasser-Geplansche und trauen unseren Augen kaum: direkt neben uns, hinter dem Gebüsch, scheint es eine Wasserstelle zu geben. In dieser vergnügt sich gerade ein Schwarzbär. Immer wieder fährt er sich mit den Tatzen über seine Schnauze und haut danach wieder wild im Wasser herum. Mit so einem Schauspiel haben wir partout nicht gerechnet und beobachten ihn noch eine zeitlang.

National Bison Range Montana USA Blackbear

Bei der Weiterfahrt sind wir vor allem von den Farbspiel begeistern. Das von der Sommersonne verblasste gelbe Bisongras bietet einen wunderschönen Kontrast zu den immergrünen Nadelbäumen und dem blauen Himmel.

National Bison Range Montana USA

Es geht ganz schön steil bergauf und hinter der nächsten Kurve sehen wir unsere ersten Bisons. Was für gigantische Tiere. Irgendwie erinnern sie mich an Tiere aus der Eiszeit. Eins entspannt sich gerade in der Sonne, ein anderes frisst ganz in Ruhe vor sich hin.

National Bison Range Montana USA Bison

National Bison Range Montana USA Bison

Den Berghang noch ein paar Minuten weiter hinauf, erreichen wir den Gipfel des Hügels. Hier werden wir uns der Dimensionen des 7.600 Hektar großen Parks erst bewusst. Wir blicken über sanfte Hügel und auf weite Täler hinab. Im Hintergrund steht die Bergkette der Mission Mountains, auf denen schon (oder noch?) Schnee liegt. Sie gehören zu den Rocky Mountains. Wir können uns von der Aussicht kaum trennen, möchten aber noch weiter auf die Pirsch gehen.

National Bison Range Montana USA Mission Mountains

National Bison Range Montana USA Mission Mountains

Es ist wirklich wichtig, langsam durch den Park zu fahren, denn immer wieder springt uns Wild ganz spontan in den Weg. Am Fuße der Hügel fahren wir an einem Flußbett entlang. Von Weitem sehen wir schon, dass ein paar Autos gehalten haben und ein Fotograf eilig sein Stativ in Position bringt.

National Bison Range Montana USA Elk

National Bison Range Montana USA

Wir hören ein lautes Röhren als wir aus dem Auto steigen. Mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Es stammt von einem einem Hirschen, der  gerade wild mit mit seinem hochherrschaftlichen Geweih wedelnd Jagd auf zwei Hirschkühe macht. Sie scheinen mit seiner Brunft nicht zufrieden zu sein und fliehen auf die andere Flussseite. Ich habe so ein Schauspiel noch nie aus nächster Nähe beobachten können und bin ganz fasziniert. Wir machen es uns auf dem Boden gemütlich und bleiben sitzen, bis die Abendsonne das Gras dunkelgelb färbt und wir uns auf den Heimweg machen.

Wieder einmal denke ich: wie gut, dass damals der Schnee so früh kam und die Straßen zum Glacier National Park versperrt hat. Sonst wüsste ich wahrscheinlich gar nichts von diesem schönen Fleck Erde.

Informationen für deinen Besuch

Anreise

Die Bison National Range liegt ungefähr anderthalb Autostunden südlich von Kalispell, wo es einen City Airport und den GLACIER PARK INTERNATIONAL AIRPORT gibt (der jedoch auch eher von amerikanischen Airlines angeflogen wird). Als Ausgangspunkt für einen Besuch der Range eignet sich auch das niedliche Städtchen Whitefish. Von dort sind es knapp zwei Autostunden zur National Bison Range.

Eintritt National Bison Range

Der Eintritt für den Park kostet 5 USD pro Auto. Falls du einen Roadtrip durch die USA machst und mehrere Nationalparks besuchst, solltest du dir unbedingt einen Jahrespass für 80 USD holen. Das mag sich erst teuer anhören, da aber einige Parks 17-25 USD Eintritt nehmen, rentiert sich der Pass schnell.

Das Visitor Center der National Bison Range ist donnerstags bis montags von 9:00-17:00 Uhr geöffnet. Die Gates sind allerdings von 6:30 bis 20:30 offen. Sollte das Visitor Center bei deiner Ankunft nicht geöffnet sein, kannst du das Eintrittsgeld einfach in den “Iron Ranger” (eine Geldbüchse) am Eingang des Parks werfen. Wichtig: im Herbst und Winter ändern sich auch die Öffnungszeiten. Am besten informierst du dich auf der WEBSEITE DER NATIONAL BISON RANGE über die Öffnungszeiten.

National Bison Range Montana USA

Übernachtung

Ich habe damals in der GROUSE MOUNTAIN LODGE übernachtet. Sie liegt direkt am Ortsausgang von Whitefish; immer noch nah genug, um abends durch die Saloons zu tanzen. Es ist eine ganz zauberhafte Lodge mit einem gemütlichen Bar- und Restaurantbereich in dem ein Kamin mitten im Raum knistert.

Montana USA

Vielen lieben Dank an The Great American West für die Unterstützung bei unserer Recherchereise. Es war wunderbar und wir sind uns sicher, dass dieser Trip nur ein Appetithappen für viele weitere Reisen nach Montana war.