Es dreht sich noch immer alles in meinem Kopf. Wenn ich meine Augen schließe, blinken und blitzen die grellen Neonlichter in meinem Gedächtnis. Meine Füße tun mir beim Gedanken an die abgelaufenen Kilometer weh, aber trotzdem: ich bin verliebt. In eine Stadt! In Tokio!

Da ich bekannterweise nicht der größte Stadtmensch bin, fand ich es anfangs ganz gut, dass ich nur einen kleinen Tokio-Schnupperkurs vor mir hatte. Die ganze Stadt zu erkunden, dauert vermutlich dauert Wochen, wenn nicht gar Monate. Tatsächlich habe ich Tokio in kaum mehr als 48 Stunden in mein Herz geschlossen.

Ich habe verwundert die Augen verdreht, vor Entzücken geweint und vor Begeisterung geschrien. Und ich habe einen neuen Flecken Erde gefunden, an den ich ganz bestimmt eines Tages zurückkehren werde.

Bei Ankunft Ramen

Wir sind kaum aus unserem Flieger gestiegen, da wird mir direkt klar: die Japaner wissen mit Menschenmengen umzugehen. Ausstieg, Passkontrolle, Gepäck – es läuft wie am Schnürchen. Auch unser Fahrer erwartet uns bereits am Ausgang. Es ist schon dunkel als wir in den Van hüpfen, der uns zum Hotel bringen wird. Hier nahe des Narita Flughafens lässt die Wolkenkratzer-Kulisse noch auf sich warten. Die ersten Betontürme die ich sehe, sind die des Disneyland-Schlosses unweit der Autobahn.

Irgendwann weicht die Dunkelheit schließlich den Neonschildern der großen Stadt. Unser HOTEL SOTETSU FRESA INN liegt im Stadtviertel Kayabacho. Als wir es erreichen ist es schon dunkel und nach den vielen Reisestunden sowieso an der Zeit, ins Bett zu gehen. Ein bisschen knurrt uns jedoch Magen und unser Tourguide Yung kennt ein gutes Ramen Restaurant gleich um die Ecke: THUNDERBIRD RAMEN.

Es ist kurz vor Feierabend als wir ankommen und dennoch ist das Restaurant knüppelvoll. Wie gut, dass Yung dabei ist; ohne ihn wären wir aufgeschmissen. Gleich hinter der Tür, am Anfang des schlauchförmigen Restaurants steht ein Automat, an dem wir die Speisen und Getränke per Knopfdruck auswählen. Ich füttere die Maschine mit 780 YEN. Heraus kommt ein Belegzettel, den ich der Kellnerin in die Hand drücke, während sie mich an einen Platz am Tresen führt. Direkt dahinter bereiten drei Männer die Ramen-Suppen zu. Wenige Minuten später reicht mir einer der Köche die leckerste Ramen, die ich jemals gegessen habe. Die Herren hinterm Tresen freuen sich über mein glückliches Gesicht.

Thunderbird Ramen Tokyo

Zum Morgentraining in der Sumo-Schule

Es ist kurz vor Rushhour als wir in die Bahn in Richtung Ryōgoku hüpfen. Um mich herum sehe ich fast nur Männer in dunklen Anzügen; das wird sich gleich ändern – die Sache mit den Anzügen. Sie werden dem Mawashi weichen. Der Mawashi ist der Gürtel, den Sumōringer beim Training und im Wettkampf tragen.

Tokyo Train

Die Dewano Umi Schule ist ein unscheinbares Gebäude. Ehrfürchtig betreten wir die heiligen Gemäuer. Direkt hinter der Tür ziehen wir die Schuhe aus. Links befindet sich der mit Holz ausgelegte und getäfelte Trainingsraum. Am Kopfende gibt es ein kleines Podest, auf welches wir uns setzen dürfen. Wir müssen ganz still sein und darauf achten, dass unsere Knie und Füße nicht in Richtung der Kämpfer zeigen; das wäre respektlos.

An dem Morgen-Training nehmen acht Dewano Umi Schüler teil. Ursprünglich wurde Sumō nur in der Nähe von Heiligtümern und Tempeln ausgeübt, bis Anfang des 20. Jahrhunderts die erste Sumō-Halle eröffnet wurde. Insgesamt gibt es in Japan 47 Sumō-Schulen, die meist von der Sumō Association unterstützt werden. Die Kämpfer widmen ihr Leben komplett dem Sport. Sie wohnen in ihrer Schule und dürfen keine Nebentätigkeiten ausüben. Dafür bekommen sie ein kleines Taschengeld. Mit dem Ringen verdient ein Sumōringer erst ab Rang 70 richtig Geld. Dann wird ihm auch der weiße Gürtel verliehen. In der Regel sind die Kämpfer zwischen 15 und 23 Jahren alt.

Ich traue mich vor Ehrfurcht kaum zu atmen und beobachte schweigend die Ringer. Noch gehen die meisten ihren eigenen Weg. Einer schlägt im fast gleichmäßigen Takt gegen einen Holzbalken. Das scheint eine wiederkehrende Übung zu sein, denn das Holz ist an der Stelle, an der die Hände dran klatschen, schon abgenutzt. Einer anderer Kämpfer wippt vor dem Spiegel auf und ab. Seine Füße sind bandagiert wie die einer Ballerina.

Sumo Training Dewano Umi School Tokyo

Nach der Aufwärmphase trainieren die acht Sumōs gemeinsam. In der Mitte des Raumes befindet sich der Kampfkreis für die Wettkämpfe. Er wird durch ein im Boden einbetoniertes dickes Tau begrenzt. Im Kreisinneren liegt ebenmäßig verstreuter Sand. Er stammt aus einem Fluss im Norden Tokios.

Auch wenn Frauen mittlerweile bei den Wettkämpfen zusehen dürfen, ist es ihnen strengstens verboten, in den Kampfkreis zu treten. Sogar im Notfall dürfen sie einem Sumōringer nicht zur Hilfe eilen. Betritt eine Frau den heiligen Kreis, muss er danach mit einem bestimmten Reinigungsritual gesäubert werden.

Nachdem die Sumōringer gemeinsam weitere Aufwärmübungen gemacht haben, nutzen sie die restliche Zeit des Trainings für Einzelkämpfe. Mit lauten kurzen Schreien klatschen die großen Kämpfer gegeneinander. Immer wieder stürzen einzelne mit ordentlich Krach zu Boden. Der Sand bleibt am Schweiß ihrer Körper kleben. Nach einem Kampf wird der Sand mit einem Feger gleichmäßig im Kreis verteilt und mit ein bisschen Wasser begossen und somit fixert.

Wahrscheinlich werden die sich abwechselnden Geräusche des Pustens und der Schreie der Ringer, das aufeinander Klatschen der Gliedmaßen und das anschließende Fegen des Kampfkreises mir für alle Zeit im Gedächtnis bleiben.

Sumo Fighter and Evelyn

Tokyo Skytree – (Fast) Über den Wolken

Noch vollkommen in Gedanken an die Sumō-Trainingsstunde bekomme ich kaum etwas von unserer Bahnfahrt zum Tokyo Skytree mit. Erst als mein Magen im super schnellen Aufzug kribbelt, bin ich wieder ganz bei mir.

In Windeseile geht es an die Spitze des höchsten Fernsehturms und des zweithöchsten Gebäudes der Welt. In gerade mal 50 Sekunden werden wir zu der Besucherplattform in 350 Metern Höhe katapultiert. Der Blick von hier oben ist sehr beeindruckend. Direkt unter uns sehe ich Hochhäuser auf denen sich teilweise ganze Sportplätze befinden und in der Ferne lässt sich der Mount Fuji erahnen. Die Aussicht hat allerdings auch einen happigen Preis: umgerechnet 16 EUR kostet der Besuch des Tokyo Skytree. Eine günstigere Variante ist die obere Etage des Rathauses von Tokio. Dort ist der Eintritt kostenlos.

Tokyo Skyline

teamlab Borderless – Die grenzenlose Kunstwelt

Direkt am Tokyo Skytree springen wir in den Yurikamome Zug – natürlich ganz vorne! Der Zug wird mit Computern von einer Zentrale aus gesteuert und fährt somit komplett ohne Zugführer. Hier vorne haben wir freie Sicht auf die vorbeirauschende Stadt. Nach zwanzig Minuten erreichen wir die Aomi Station. Hier liegt die das MORI Building, in dem sich das teamlab BORDERLESS niedergelassen hat. Dabei handelt es sich um eine Ausstellung mit audiovisueller Installationskunst, für die die Tickets schon Wochen im Voraus ausverkauft sind. Vor dem Eingang versuchen ein paar Optimisten Last-Minute-Karten zu erhaschen.

Im teamlab Borderless schaffen Künstler durch Licht- und Spiegelinstallationen unendliche Welten. Ich habe Angst es in Worte zu fassen, denn in keiner Kombination könnten sie jemals ausdrücken, wie großartig dieses Museum ist. Auf etwa 10.000 Quadratmetern schlendere ich staunend von Raum zu Raum. Gerade befinde ich mich inmitten eines Blumenmeers. Neben mir plätschert ein riesiger virtueller Wasserfall die hohen Wände hinunter.

Völlig unerwartet dessen, dass ich gleich ein vor Rührung weinen werde, gehe ich durch die kleine Tür in der riesengroßen schwarzen Wand. Ich komme in einen Raum in dem meterlange LED Stäbe von der Decke herabhängen. Sie glitzern und funkeln in bunten, sich stetig ändernden Farben. Sowohl am Boden als auch an den Seiten befinden sich Spiegel. Ich schwimme durch ein unendliches Glitzermeer. Leise Töne (So muss sich Elfenstaub anhören!) begleiten das visuelle Erlebnis. Ich vergesse die Welt um mich herum und merke plötzlich, dass mir vor lauter Entzücken eine Träne die Wange entlang kullert. Hier möchte ich nicht mehr weg.

Aber verpassen möchte ich auch nichts und somit entscheide ich mich auf die letzten Minuten doch noch schnell zu dem Raum zu gehen, vor dem schon die ganze Zeit eine lange Schlage steht. In kleinen Gruppen werden die Besucher nach und nach in einen Raum gelassen, in denen Tausende von unterschiedlich großen Lampions von der Decke hängen. Auch hier mogeln die vielen Spiegel mir wieder Unendlichkeit vor. Wie gut, dass wir nach ein paar Minuten wieder aus dem Raum gebeten werden, so dass der nächste Schwung Menschen hinein kann, denn sonst hätte ich noch übersehen, dass es schon Zeit ist, um zu unserer Reisegruppe zurück zu eilen.

teamlab Borderless Tokyo

Shibuya – Neonlichter und der KitKat-Himmel

Es ist schon dunkel als wir aus dem teamlab Borderless herauskommen. Das mach nichts, denn im Dunkeln sind die blinkenden Neonlichter und riesengroßen LED-Reklamen im Stadtteil Shibuya noch beeindruckender. Wir schlendern durch die hell erleuchteten Straßen, vorbei an Geschäften, Einkaufszentren und Restaurants. Eins hat sich auf  Sakura spezialisiert. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen beim Anblick der Nigiri Sushi – wie ich denke. Weit gefehlt! Das ist kein Thunfisch auf dem Reisbett, das ist rohes Pferdefleisch und gerade der letzte Schrei in Tokio.

Shibuya Tokyo

In Shibuya liegt die wohl berühmteste Kreuzung der Welt. Während einer einzigen Grünphase überqueren 800 Menschen die Straße. Am Wochenende sind es sogar bis zu 1.500 Menschen.

Direkt an der Kreuzung liegt ein Starbucks Café, von dessen Fenster sich ein sehr guter Blick auf die Kreuzung bietet. Tourguide Yung hat aber eine bessere Idee: er nimmt uns mit auf das Dach des Kaufhauses Shibuya 109. Mit dem Fahrstuhl fahren wir so weit wie möglich nach oben, um dann den Schildern Richtung „Rooftop“ zu folgen. Wir klettern eine metallene, durch den Regen rutschige, Treppe zum Dach hinauf. Im Sommer muss es hier wirklich schön sein, mit Streetart an den Wänden und einer kleinen Bar. Wir stürmen direkt in die hinterste Ecke der Dachterrasse, von wo aus wir die Kreuzung komplett überblicken können. Die Menschen eilen in Wellen wie emsige Ameisen über die Straße.

Shibuya Crossing Tokyo

Shibuya Crossing Tokyo

Direkt um die Ecke des Kaufhauses befindet sich die größte Filiale der Don Quijote Kette. Als ich durch die Schiebetür gehe, finde ich mich in einem kunterbunten Nippes-Paradies wieder. Yung schiebt uns direkt Richtung Rolltreppe, mit der es in die Schokoladen-Abteilung geht. Dieser Laden hat nämlich die größte Auswahl an KitKat-Sorten im ganzen Land. Meine Augen glitzern und durch meinen Körper fließt Entscheidungspanik: vor mir in den Regalen liegen KitKat Sorten in den Geschmacksrichtungen Sake, New York Cheesecake, Matcha und noch so viele mehr. Wie gut, dass wir heute Abend keine Termine mehr haben. Das hier kann dauern.

Akihabara – Das nerdige Elektro-Viertel

Das Frühstück überspringen wir am nächsten Morgen einfach, um direkt mit einem japanischen Kochkurs in den Tag zu starten. Meinem komplett vollen Magen (gefüllt mit köstlichem Yellowtail Teriyaki und allerlei Beilagen) tut ein anschließender Verdauungsspaziergang Richtung Bahn ganz gut.

Wir fahren bis zur Akihabara Station. Hier herrscht buntes Treiben. Trotzdem finden wir unseren Tourguide sofort; unauffällig ist sie nicht. Sie trägt ein grell blaues Kleidchen. Um ihre Hüften hat sie eine Art Dienstmädchen-Schürze gebunden. Dazu trägt sie Ohrringe in Form der Pilze aus Super Mario World. An ihrer Hüfte baumelt eine Umhängetasche im Jelly Toast Design. Ihre mit bunten Kontaktlinsen geschmückten Augen lächeln uns freudestrahlend an.

Sie ist bei Weitem nicht der einzige Paradiesvogel hier. Im Akihabara-Viertel tummeln sich viele Okatus – oder anders: Nerds. Es scheint als gäbe es für jede noch so abstruse Vorliebe ein Café. Unsere bunte Dame führt und in das HoneyHoney Maid Café. Durch einen engen schmucklosen Hausflur gehen wir in den zweiten Stock hoch. Hier empfängt uns eine junge Frau im altmodischen Dienstmädchen-Look. Über ihrem schwarzen Minikleid trägt sie eine weißte bestickte Schürze und dazu passend eine weiße Haube im Haar.

Maid-Cafés sind gerade der absolute Renner. Die Idee dazu entstand durch ein Computerspiel, in dem sich Dienstmädchen die Liebe der Männer erspielen müssen. Das war irgendwann derart beliebt, dass es nun Maid-Cafés gibt. Ganz devot bringen die Mädchen die Bestellungen an den Tisch. Die Getränke und Speisen sind komplett zubereitet, nur ein kleiner Kniff fehlt noch: die Schokosauce auf dem Cappuccino-Schaum oder der Parmesan auf den Spaghetti. Mit viel Liebe und Hingebung verrichten die Dienstmädchen diese letzte Handlung beim Gast am Tisch. Ganz ehrlich: mir ist das Ganze auch ein bisschen unangenehm und ich bin froh, als wir uns wieder auf Erkundungstour durch das Viertel begeben.

Überall in den Straßen stehen Automaten mit unnützem Firlefanz wie Ananas-Hüte für Katzen. So ein Pandabär-Kabelschutz-Tierchen brauche ich dann plötzlich doch ganz dringend. Mir gefallen die Läden besonders gut, in denen sich die Automaten bis fast unter die Decke stapeln. Aufgeregt wie ein kleines Kind im Kaugummi-Automaten-Paradies stecke ich immer wieder Kleingeld in die Geldschlitze und drehe am Hebel. Zum Glück stehen hier überall Geldwechselautomaten.

Akihabara Tokyo

Akihabara Tokyo

Die Japaner lieben ihre Automaten. Auch Getränkeautomaten gibt es in Hülle und Fülle; ungefähr fünf Millionen stehen im ganzen Land verteilt. Sie befinden sich meist im Privatbesitz. Es könnte sich also durchaus lohnen, sich einen zuzulegen. Richtig gut finde ich die Funktion, dass bei einer Naturkatastrophe durch eine Art Zentralschlüssel alle Maschinen automatisch geöffnet werden, so dass die Menschen im Notfall etwas zu trinken haben.

Das klingt schon sehr gewieft und es besteht ohnehin kein Zweifel, dass die Japaner ein Technik liebendes Volk sind. Das Akihabara-Viertel wird auch Elektro-Viertel genannt. Als wir vor dem pompösen Radio Center stehen erzählt unser Tourguide, dass hier kurz nach dem Krieg eine riesengroße Brachfläche war. Immer mehr Menschen eröffneten dann ihre eigenen Marktstände, an denen sie hauptsächlich ausgediente Radios und andere Militärutensilien aus dem Krieg anboten oder reparierten. Der Regierung waren die Stände ein Dorn im Auge, aber die Verkäufer leisteten Widerstand und errichteten sogar irgendwann ein richtiges Geschäftsgebäude. Um das Center herum gibt es weitere Gassen in deren Geschäften wir die skurrilsten Technik-Dinge finden; selbst welche, von denen wir dachten, dass sie bereits ausgestorben seien. Hier wird nicht groß hinterfragt, ob Dinge noch funktionieren, denn die goldene Regel lautet: No check, No claim, No return.

Harajuku Viertel – Bunt und Hip

Genauso bunt und nerdig, aber ein bisschen hipper, geht es im Stadtteil Harajuku zu. Schon als wir aus der Bahn steigen, sehen wir verrückt gekleidete Menschen. Extravaganz scheint hier ein Statement zu sein. Das Studentenviertel ist ein Treffpunkt für Cosplayer – Menschen, die sich wie ihre liebsten Manga- und Anime-Figuren kleiden. Leider ist heute Donnerstag, ansonsten wäre ein Besuch im Yoyogi Park ein Muss gewesen, da hier am Wochenende immer besonders viele Cosplayer ihre kreativen Kostüme zur Schau stellen.

Toyko Geisha Cosplayer

Wir schlendern zur Takeshita Street weiter. Kaum sind wir um die Ecke gebogen, werden wir vom Menschenstrom mitgerissen. Bunte Läden säumen die Straße. Es gibt alles – von Haushaltswaren, über Kleidung bis hin zu kitschigen Souveniers. Einer Federmappe in Form einer Milchtüte konnte ich einfach nicht widerstehen.

Takeshita Street Tokyo

Ganz in der Nähe der Takeshita Street liegt das Kawaii Monster Café, in dem wir einen Dinner-Tisch reserviert haben. Ohne Reservierung gibt es kaum eine Chance, einen Platz zu ergattern. Zudem ist die Zeit beschränkt: die Tische für dieses Event-Restaurant werden meist nur für anderthalb Stunden vergeben.

Wir betreten das Wunderland durch ein einen deckenhohen knallroten Kussmund. Direkt hinter der Tür dreht sich schon die rosafarbene Torte zu dudeliger Musik. Eine Kellnerin im türkisen Comic-Outfit und mit blauen Dreadlocks weist uns den Weg an den Tisch. Ich weiß gar nicht, wohin ich zuerst gucken soll und fühle mich die Alice im Wunderland auf Drogen. Unsere Sitzecke ist eine große Blume, die von riesigen Blättern eingefasst ist. Über unseren Köpfen baumeln Pilzköpfe. Gegenüber steht ein Tisch über dem kolossale Hasen- und Kuhköpfe in bunten Farben von der Decke hängen.

Erst das farbenfrohe Essen zwingt mich dazu, meinen Blick nicht weiter durch den Raum schweifen zu lassen. Es gibt Fast Food in Form von bunten Spaghetti und Fingerfood mit bunten Dips. Es ist kein kulinarischer Hochgenuss, aber den habe ich hier auch nicht erwartet.

Das Roboter Restaurant – Der Gipfel allen Irrsinns

Während des Essens erzählt uns Yung freudestrahlend, dass sein geheimes Highlight des Tages noch auf uns wartet. Er erzählt uns von einem Roboter Restaurant. Ich bin zunächst verwirrt, weil ich befürchte noch mehr Lebensmittelfarbe zu mir nehmen zu müssen.

Wir nehmen eine Bahn der Yamanote Linie, um ins Rotlichtviertel Shinjuku zu gelangen.

Shinjuku Tokyo

Schon von Weitem weist uns die große Reklame des Roboter Restaurants den Weg. Vor dem Eingang stehen Roboter mit denen wir eine kleine Fotosession starten. Nach einem kurzen Ticket-Check werden wir in die oberste Etage gebeten. Hier gibt es die (durchaus zu vernachlässigenden) Häppchen, die der Location ihren Namen geben. Sie werden in einem Raum kredenzt, der mich an ein Spielcasino in Las Vegas erinnert. Die Gäste sitzen in goldenen muschelförmigen Sesseln, die mit Zebralook-Fell ausgekleidet sind. An den Wänden funkeln goldene und silberne Spiegelkacheln um die Wette. Gerade spielt eine Roboter Band schnulzige Rock-Balladen. Ich hole mir doch lieber einen Cocktail.

Robot Restaurant Tokyo

Plötzlich ertönt eine Stimme, die uns bittet, unsere Plätze im Keller des Gebäudes einzunehmen. Im Entenmarsch gehen wir mit den anderen Gästen das grell-bunte Treppenhaus hinunter.

Hier im Keller des Gebäudes stehen mehrere Sitzreihen an den Seiten eines schlauchförmigen Raums. Wir nehmen unsere zugewiesenen Plätze ein. Danach kann ich mich kaum mehr beherrschen; es geht alles so schnell. Der Vorhang geht zur Seite und ein exorbitant großer Drachenroboter mit vier Trommlern fährt zu ohrenbetäubend lauter Musik durch den Raum. Mein Körper schafft es nicht, sich alles ganz in Ruhe anzusehen. Es wird einfach so viel Euphorie, Lärm, Musik und Adrenalin durch meinen Körper gepumpt, dass ich mich an meinem kleinen Tischchen festhalten und vor Begeisterung kreischen muss. Ja, ich verliere nahezu die Fassung. Zum Glück ist die insgesamt 80 minütige Show in drei Akte unterteilt. So habe ich wenigstens zwischendrin kleine Verschnaufspausen. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so lange am Stück hysterisch gelacht und gejuchzt habe. Und wenn ich es mir recht überlege, gilt das für meinen kompletten ersten Tokio-Besuch, der mit diesem großen Finale leider schon zu Ende geht.

Robot Restaurant Tokyo

Tipps und Informationen für deine Reise nach Tokio

Anreise

Für die Einreise nach Japan brauchst du mit einem deutschen Reisepass kein Visum (sofern deine Aufenthaltsdauer keine 3 Monate überschreitet). Der Narita Flughafen in Tokio wird von vielen internationalen Fluggesellschaften angeflogen. Wir sind mit Asiana Airlines über Seoul nach Tokio geflogen. Ich durfte zum ersten Mal in einem A380 Flieger oben sitzen; dort befinden sich nämlich weitere Plätze der Economy Class. Ich konnte mich zwar beim Fensterplatz nicht anlehnen. Dafür gab es aber eine Art Ablage mit Box in der Flugzeugwand, wo ich meine Sachen drin verstauen konnte. Die Sitze sind auf Dauer ein bisschen hart, bieten dafür aber viel Beinfreiheit. Mir hat besonders das Essen gefallen: asiatische Kost mit einer Tube extra scharfer Chilisauce.

Unterkunft

Wir haben SOTETSU FRESA INN im im Stadtviertel Kayabacho gewohnt. Die Zimmer sind recht klein, aber vollkommen ausreichend. Am Empfang liegen Pflegeprodukte aus, die du ausprobieren kannst. Ich musste mir sofort eine Plazenta-Maske (kein Witz) mitnehmen. Vom Hotel ist es nicht weit zu verschiedenen Bahnstationen. In der Gegend gibt es einige kleine Supermärkte, Restaurants und Bars.

Weitere Hotels in Tokio findest du: HIER.

Von A nach B in Tokio

Am besten machst du es wie die Einwohner Tokios und benutzt die öffentlichen Verkehrsmittel. Mit der U-Bahn oder dem Yurikamome Zug ist es ganz einfach. Sämtliche Informationen stehen an den Haltestellen auch auf Englisch geschrieben. Lediglich Bus fahren ist abenteuerlicher, denn hier ist steht alles ausschließlich auf japanisch.

Für Erkundungstouren bietet sich ein TAGESTICKET an. Das kostet 600 YEN (ca. 4,70 EUR). Einzelne Fahrkarten solltest du unbedingt bis zum Ende der Fahrt aufbewahren, denn beim Verlassen des Bahnhofs muss das Ticket noch mal durch einen Automaten gejagt werden.

Tokyo Train

Meine persönlichen Highlights

Die Licht- und Spiegelinstallationen von teamlab Borderless ist eine der beeindruckendsten Ausstellungen, die ich jemals gesehen habe. Auf etwa 10.000 Quadratmetern schaffen die Künstler durch Licht und Spiegel unendliche Welten, in denen du Zeit und Raum vergisst. Die Ausstellung ist derart beliebt, dass du dir mindestens einen Monat im Voraus Tickets sichern solltest. Trotz einer begrenzten Besucherzahl kann es sein, dass du vor den Räumen mit den Highlight-Installationen 20-30 Minuten anstehen musst. Die Tickets kannst du auf der WEBSEITE VOM teamlab BORDERLESS reservieren.

Der höchste Fernsehturm der Welt ist auch gleichzeitig das zweithöchsten Gebäude der Erde. Im Aufzug geht es binnen gerade mal 50 Sekunden auf die in 350 Metern Höhe gelegene Aussichtsplattform. Der Ausblick ist wirklich grandios, aber der Preis von umgerechnet 16 EUR leider auch. Eine günstigere Variante ist die obere Etage des Rathauses von Tokio. Dort ist der Eintritt kostenlos.

Besuch eines Sumō-Trainings

Es gibt vereinzelte Sumō Schulen, die es Besuchern erlauben beim Morgentraining zuzuschauen; teilweise sogar ohne Eintrittsgelder. Allerdings solltest du vorher anrufen und fragen, ob die Möglichkeit besteht. Das ist sicherlich eine große Hürde, weil der Mensch am anderen Ende der Telefonleitung eventuell nicht englisch spricht, aber vielleicht kann dir jemand im Hotel helfen. Offen für Besuch sind zum Beispiel folgende Schulen:

Musashigawa Stable, 4-27-1 Higashi Nippori, Arakawa-ku, Tokyo
Opening hours: Mon-Fri 5:30am – 10am
Direction: Train JR Yamanote Line to Uguisudani Station
Phone: +81 (03) 3805-6343

Wakamatsu Stable, 3-5-4 Honjo, Sumida-ku, Tokyo
Opening hours: Mon-Fri 8:30am
Direction: Subway Toei Asakusa Line to Honjo-Azumabashi Station
Phone: +81 (03) 5608-3223 | Website: www2s.biglobe.ne.jp/~wakamatu

Oshiogawa Stable, 2-17-7 Kiba, Koto-ku, Tokyo
Opening hours: Mon-Fri 6am – 11am
Direction: Subway Tozai Line to Kiba Station
Phone: +81 (03) 3643-8156

Wenn du die Ehre hast, bei einem Training zusehen zu dürfen, gilt es ein paar Regeln zu beachten: du solltest dich ganz still verhalten und darauf achten, dass deine Knie und Füße nicht in Richtung der Kämpfer zeigen; das wäre respektlos. Außerdem gilt es als unhöflich mitten im Training aufzustehen und zu gehen. Solltest du wenig Zeit haben oder nur kurz einen Blick auf das Training der Sumōringer werfen wollen, kannst du bei der Arashio Sumō-Schule die Kämpfer von draußen durch eine große Scheibe beobachten.

Sumo Training Dewano Umi School Tokyo

Shibuya

Hier liegt die wohl berühmteste und belebteste Kreuzung der Welt. Während einer Grünphase laufen hier etwa 800 Menschen über die Straße; am Wochenende sogar bis zu 1.500. Eine gute Sicht auf die Kreuzung hast du vom Starbucks Café aus. Wenn du noch weiter hinaus möchtest, kannst du auf das Dach des Kaufhauses Shibuya 109.

Möchtest du einfach mal durch viele Sorten des traditionellen japanischen Weissweins kosten? Dann ist vielleicht die Kurand Sake Bar was für dich. Ich war selbst nicht drin, weil ich nicht genug Zeit hatte, aber das Angebot las sich ordentlich: 100 Sorten Sake werden hier offeriert. Die Bar bietet All-You-Can-Drink-Preise an. Für 30 Minuten zahlst du umgerechnet knapp 8 EUR. 90 Minuten kosten 16 EUR. Und den ganzen Abend trinken ohne Ende kostet 24 Euro. Ich frage mich, wer wirklich so lange durchhalten kann?

Food Tipps

Die beste Ramen-Suppe meines Lebens habe ich im THUNDERBIRD RAMEN im Stadtteil Kayabacho gegessen.

Wenn dir nach Fast Food sein sollte, ist Mos Burger die richtige Adresse. Für experimentierfreudige Foodies könnte Sakura ein Versuch wert sein. Dabei handelt es sich um eine Scheibe rohes Pferdefleisch auf einem Reisbett.

Japan ist ein Paradies für KitKat-Fans. Bei uns ist die zartbitter Ausführung schon fast exotisch. In Japan gibt es eine scheinbar unendlich große Vielfalt an Geschmackssorten: Sake, New York Cheesecake und Matcha sind nur wenige davon. Die größte Auswahl an KitKat Sorten gibt es im Don Quijote Store in Shibuya.

Ganz beliebt sind in Japan auch Akoyaki. Übersetzt heißen die kleinen Teigbällchen: gebackene Krake. Sie werden in einem speziellen Brateisen zubereitet, ein bisschen wie bei Poffertjes. Zu den Bällchen wird Okonomiyaki-Sauce und Mayonnaise gereicht. Das Ganze wird meist noch mit getrocknetem Seetang und in hauchdünne Flocken geraspelter Trockenfisch garniert.

Fun Facts und mehr

  • In Tokio bist du unserer Zeit um acht Stunden voraus.
  • Bezahlt wird in Japan mit Yen: 1 Euro sind etwa 126 Yen.
  • In Japan gibt es wie bei uns vier ausgeprägte Jahreszeiten. Der Frühling ist wegen der Kirsch- und Pfirsichblüte besonders schön. Aber auch die Laubfärbung im Herbst ist durchaus eine Reise wert.
  • Die Akihabara Station ist auf der Rangliste der größten Bahnhöfe der Welt auf Platz 14. Tatsöchlich werden die Plätze 1 bis 23 von japanischen Bahnhöfen belegt. Auf Platz 24 folgt dann der Gare Du Nord in Paris.
  • Straßenschuhe gelten in Japan als unrein. Zieh‘ deine Schuhe immer direkt am Eingang aus. Hier stehen meist Hausschuhe bereit. Tatami Matten dürfen nur barfuß oder mit Socken betreten werden.
  • In der Öffentlichkeit und während des Essens bitte nicht die Nase nicht putzen. Dies gilt als extrem unhöflich.
  • Die Japaner lieben Automaten. Im ganzen Land gibt es etwa 5 Millionen Stück. Bei einer Naturkatastrophe werden durch eine Art Zentralschlüssel alle Maschinen automatisch geöffnet, so dass die Menschen im Notfall etwas zu trinken haben.
  • Nicht weniger lieben die Japaner Geschenke. Wenn du eingeladen bist oder ein Meeting hast, bring eine Kleinigkeit mit. Schokolade oder kleine Mitbringsel aus deiner Heimat reichen vollkommen.
  • Triffst du dich mit Japanern zum Essen, solltest du dir nicht selbst etwas zu Trinken einschenken, sondern immer nur den anderen. Einer deiner Sitznachbarn wird auch dir dann etwas einschenken.
  • Auf keinen Fall dürfen Stäbchen aufrecht im Reis stecken. Das wird nur beim Reis auf buddhistischen Hausaltaren gemacht, der für die verstorbenen Vorfahren als Speiseopfer gegeben wird.
  • Wenn du alleine Essen gehen möchtest und es keine englische Speisekarte gibt: keine Angst! Meist stehen die Speisen am Eingang als Wachsmodel zur Schau. Viele Speisekarten haben auch Bilder, so dass du nur drauf zeigen musst.
  • In Japan treffen sich die Menschen meist in Izakayas. Der Name setzt sich aus Sake und dem japanischen Wort „sitzen“ zusammen. Grundsätzlich werden in den Bars werden auch meist kleine Speisen zubereitet.
  • Sämtliche Informationen über Tokio und Japan findest du auf der WEBSEITE VON JNTO (Japan National Tourism Organisation)
    Kaisterstr. 11
    60311 Frankfurt am Main
    Telefon: +49 (0) 69 – 20353

Shibuya Tokyo

Vielen Dank an JNTO und BZ.COMM für die Einladung und die Organisation dieser Pressereise! Vielen Dank für den Wahnsinn, das Adrenalin und die Euphorie. Ich habe jede Sekunde in vollen Zügen genossen.